Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 1

1842 - Zwickau : Zückler
Das Merkwürdigste aus der Natur, geschichte oder Naturbeschreibung. Aerr Trautmann war der einzige Lehrer an einer sehr zahlreichen Volksschule, für welche er beinahe den ganzen Tag bis spät am Abend und zuweilen auch in die Nacht hinein zu thun hatte. Denn da er sich auf seinen Unterricht sehr gründlich vorbereitete, die von den Kindern gefertigten kleinen Arbeiten genau durch- ging und in sein Tagebuch nach dem Schluß der Schule immer die eine und andere Bemerkung einzu- tragen hatte: so schlug ihm nur selten eine Freistun- de. Dazu kam noch, daß, wenn für manche Unter- richtsgegenstände die festgesetzten Schulstunden nicht aus- reichen wollten , Herr Traittmann sich bewogen fand, sie für die Kinder der Oberclaffe in mancher Woche um eine, wohl auch um zwei zu vermehren. Denn von Naturkunde, Erdbeschreibung, Weltgeschichte u. f. w. konnte in seiner so zahlreichen Schule nur sehr wer» nig die Rede sein. Gleichwohl war Herr Trautmann gerade e,n recht warmer Freünd der Natur. Schon in früher Jugend hatte er sie als einen klaren Spiegel der unendlichen Größe Gottes, seiner Macht, Weis- heit und Vaterliebe betrachten gelernt und es später auf dem Dorfe zu oft erfahren, welche reine und er- habene Freüden der Umgang mit ihr gewähre, als daß er nicht hätte auch die ihm anvertrauten Kinder so viel als möglich mit ihr bekannt machen und recht oft in ihren heiligen Tempel einführen sollen. Dazu 1

2. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 101

1842 - Zwickau : Zückler
101 schonte nicht meinen Sonntagsmorgen; nicht erhe- den würde ich mich mit meinen Nachbarn in from- mer Liederandacht zu meinem Gott, nich verneh- men des Predigers Wort; die freundliche Stunde, welche wir jetzt lehrreich verplaudern , flösse still und traurig uns hin. Ach, wie öde wäre das Le- den ohne das himmlische Geschenk des kunstvoll gebauten Obres! Wie der Schall entsteht und in das Ohr gelangt, wird euch euer Lehrer in den Stunden über Nalurlehre wohl schon erklärt ha- den ; wie er aber im Ohre sich fortpflanzt und zum Gehirn gelangt und ins Bewusstsein kommt, das verstündet ihr wohl nicht, wenn ich eüch auch mittheilte, was ich darüber gehört und gelesen habe. Dieselbe Bewandtniss hat es mit den innern Werkzeügen des fünften und edelsten Sinnes, des Gesichts. Ich müsste eüch wohl wenig Über- legung Zutrauen, wenn ich eüch erst auf die Vor- theile aufmerksam machen wollte, welche ihr dem unschätzbaren göttlichen Geschenke des Auges ver- dankt. Ruft eüch nur einen Spaziergang, nur ei- ne belehrende Stunde vor dem Bilderbuche in das Gedächtniss zurück; wie hat sich Herz und Geist da belustigt und bereichert! Nicht wahr, ihr wollt sie schonen, diese Himmelsgabe? Wollt nicht klei- nere Gegenstände, die Schrift eiires Buches, eüre Strickerei u. s w. gar zu nahe an die Augen hal- ten? Wollt schnell das Buch weglegen, wenn Dämmerung eüch überrascht ? Schnell einen andern Platz wählen, wenn der blendende Sonnenstrahl auf eüere Natherei fällt? Nicht, wie ungezogene Kinder thun, den Staub der Strassen aufraffen und eüch ins Gesicht werfen? Nicht muthwillig wet- tend in das flackernde Licht sehen ? Wollt frisches Wasser nicht schonen? — Hunderte von Schritten können sein zwischen uns und dem Gegenstände, den vvir riechen; Meilen Weges fluthet und wogt die Luft, um des Donners Brausen in unser Ohr zu bringen; aber wie viel weiter reicht das Auge! Schaut dort das verblassende Abendroth; vor kur- zer Zeit saht ihr den feiirigen Sonnenball dort hinabsinken 1 Schaut dort den Mond, wie er hin-

3. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 103

1842 - Zwickau : Zückler
103 Arten ihrer Wirksamkeit, kann euch die verschiedenen Seclenkräfte kennen lehren. Ich verbinde dir jetzt die Augen, Christoph, so sicher, daß du mir nichts sehen sollst. Jetzt aufgep§ßt! Weißt du Etwas? — Ja, dui hast die obere Flache meiner Hand mit einem kalten und glatten Gegenstände bestrichen. — Ich laste diesen Gegenstand auf den Tisch fallen. Was weißt du? — Es muß ein weicher und runder Körper sein; das höre ich am dumpfen Tone und an dem Gekoller. — Jetzt soll deine Seele auch Etwas durch die Nase wissen. — Aha, es ist eine Frucht; ich dachte, ein Apfel wäre es. — Das sollst du gleich genauer wissen. Koste nur! — Richtig! und wahrscheinlich ein Stettiner. — Weißt du das nicht ganz gewiß? — Ganz gewiß weiß ich cs doch nicht. — Nun denn herunter mit dem Tuche! Weißt du cs jetzt gewiß? — Ja, es ist ein Stettiner. — So seht nur, Kinder, was Schulmeisters August jetzt Alles durch seine Sinne gewußt hat! — Was denn, Vater? Ich bin doch nicht Schulmeisters August, rief Christoph, und die andern Kinder lachten und klatschten in die Hände und riefen: — Das ist spaßhaft! Du weißt also, Christoph, daß du nicht Schulmeisters August bist, und ihr Kinder alle wißt, daß ihr vergnügt seid, und warum ihr lacht. Da habt ihr denn alle jetzt Gebrauch gemacht von einer Kraft eurer Seele, von dem Be- wußtsein; denn dieses ist eben die Kraft, durch welche wir äußere Eindrücke mir mehr oder weniger Bestimmtheit auffassen; durch welche wir uns selbst von dem, was außer «ns da ist, unterscheiden; durch wel- che wir wissen, in welchem Zustande wir eben sind. Wo wart ihr denn heute vor acht Tagen? —Auf dem Jahrmärkte, riefen sie. Ach das war schön! Weißt du die'aepntzlen Männer, die auf dem Seile tanzten! sagte Gottlieb zur Marie. Ach, und die herr- liche Musik! setzte diese hinzu. Und die süßen Brezeln! jauchzte Gottlieb, indem er mit der Zunge schnalzte. Fritz aber machte fast ein weinerliches Gesicht und weinte, cs wäre Alles recht schön gewesen, wenn ihn nur der grobe Schubkärrner nicht umgestoßen hätte. Aus der Brausche am Kopfe wollte er sich gar nicht so viel machen, wenn nur seine Sonntagskleider nicht

4. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 118

1842 - Zwickau : Zückler
118 Sollte es auch ein kleines Unrecht sein, wenn man den Eigensinnigen zur Herausgabe seines Besitzthums zwän- ge: so könnte man das wohl durch doppelte und drei- fache Bezahlung vergüten. Der König aber sprach: Nach den bürgerlichen Rechten kommt es mir nicht zu, dem Manne sein Grundstück zu nehmen. Er behalt es! Das war wiederum rechtlich gehandelt. Daß aber selbst Rechtlichkeit nicht die einzige Richtschnur sein kann, nach welcher unser Begehrungsvermögen thätig sein soll, mag eüch folgender Fall lehren. Hans hatte frühzeitig seine Eltern verloren. Ein Paar alte Leüte, die selbst nur das Nothdürftige hatten, nahmen sich seiner an und zogen ihn groß. Als er erwachsen war, gewann er ein Mädchen lieb, die eben so arm war, als er selbst. Er wollte sie heirathen; aber die Eltern des Mädchens sagten, erst müsse er so viel verdienen, daß er eine eigne Wirtschaft anfangen könne. Durch rastlose Thätigkeit und durch eine kleine Erbschaft von einem Verwandten hatte er es nach mehreren Jahren so weit gebracht. Aber unter der Zeit waren seine ar- men Pftegeeltern durch Unglücksfälle so weit herunter gekommen, daß deren Haüschcn verkauft werden sollte, um ihre Schulden zu bezahlen. Gleichzeitig hatte sich bei den Eltern des Mädchens ein wohlhabender Bauer als Freier gemeldet, und sie erklärten, daß sie dem ihre Tochter zur Frau geben wollten, wenn Hans nicht von seinen Pflegeeltern abließe. Jetzt hatte Hans die Wahl, entweder, seine braven Pflegeeltern am Bettelstäbe zu sehen/ oder der Erfüllung eines Lieblingswunsches zu entsagen, für welchen er Jahre lang gearbeitet hatte. Leüte genug gab es, welche es unklug fanden, daß er dieser alten Leüte wegen sein ganzes Glück von sich stoßen wollte. Daß kein bürgerliches Gesetz ihn zwin- gen konnte, sich seiner Pflcgeelrern anzunehmen, wußte Hans auch. Ihm aber sagte seine Vernunft: Wie wollte ich denn vor Gott und meinem Gewissen be- stehen, wenn ich jetzt die verließe, welche sich meiner hüflosen Jugend angenommen haben? Wenn so gräß- licher Undank Sitte sein sollte unter den Menschen, was sollte da aus der menschlichen Gesellschaft werden? Und wäre ich nicht ein Thor, für die Freüden dieses kurzen Lebens die Qualen mir zu kaufen, mit denen

5. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 119

1842 - Zwickau : Zückler
139 die Erinnerung an diesen Undank auf, dem Todenbette und in jenem Leben mich plagen würde ! Er that, was er nicht lasten konnte, nahm sich seiner Pflegeel- tern an und verlor sein Mädchen. Das war vernünf- tig und edel gehandelt! — Ach, Kinder, daß so viele, so sehr viele Menschen nur sinnlich begehren und sinn- lich verabscheüen, wie die Thiere, das bringt ja so viel Unglück in die Welt! Handelten sie klug und recht- lich: so würden wenigstens die gröbsten Laster, Trunk, Spiel, Schamlosigkeit und andere aus de.r menschlichen Gesellschaft verbannt sein; so würden nicht Prozeffe den Frieden der Gemeinden stören, nicht verheerende Kriege die Länder verwüsten! Handelten sie aber alle vernünftig und edel, wie auch unsere Religion es will: dann, ach dann hätten wir den Himmel schon hier auf Erden. 11) Geh' mit kleinen Kindern vernünftig um! Ehrmann hatte noch ein kleines Kind, welches kein volles Jahr alt war und daher, wenn die Mutter nicht abkommen konnte, von Marien gewartet werden mußte. Diese Wartung beschränkte sich aber nicht darauf, daß Marie das Kind herumtrug oder es beaufsichtigte, wenn es für sich da saß; sondern die Mutter gab Ma- rien auch Anweisung, wie sie ihr kleines Geschwister reinlich zu halten und zu beköstigen hätte. Denn Rein- lichkeit, sagte Frau Ehrmann, kostet kein Geld, und zweimal waschen ist so gut, wie einmal füttern. Da- her mußte Marie nicht nur ihren kleinen Geschwistern mehrere Male des Tages Gesicht und Hände waschen; sondern so oft es nur immer die Zeit erlauben wollte, nahm die Mutter selbst die kleinern Kinder, welche noch nicht baden gehen konnten, vor und wusch sie am ganzen Leibe. Frau Ehrmann war sehr sanft; aber wenn sie hörte oder sah, daß Mütter ihre armen klei- nen Wiegenkinder Stundenlang ohne Hilfe in ihrem Unrathe sich wälzen ließen, konnte sich ihr Unwille bis zum Zorne steigern. Christophen und Marien hätte ich nicht rathen wollen, ihre kleineren Geschwister mit un- gekämmten Haaren oder unbeschnittenen schmutzigen Nägeln mit in die Schule zu nehmen, oder wohl gar

6. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 121

1842 - Zwickau : Zückler
121 Tragen ein Kind am Körper schief machen kannst, eben so gut kannst du eö durch unverständiges Geschwätz an der Seele schief machen. Laß dir erzählen! Als ich noch Soldat war, mußte ich oft Schildwache stehen auf einem freien Platze, wo die Kindermädchen ihr Wesen trieben. Unter ihnen fielen mir zwei auf durch ihr verschiedenes Benehmen, wenn die Kinder auf ih- ren Armen unruhig wurden und mit ihren Händchen bald da, bald dorthin strebten. Die eine fing gleich an, über das ungezogene Kind zu schelten, schlug eö auf die Finger und bedrohete es, wenn es weinte. Sie -brachte es auch wirklich dahin, daß cs bald alle Tage ruhiger auf ihrem Arme saß, so daß die Mc>gd ihr nutzloses Geschwätz mit andern Mädchen ihres Sinns ungestört führen konnte. Daran dachte sie nicht, daß sie es auf dem Gewissen haben würde, wenn das Kind stumm und stöckisch würde. Die andere sah sofort da- hin, wohin das Kind griff, und war es irgend thun- lich: so näherte sie sich dem Gegenstände. Bald war eö ein Vogel. Ei, das Vögelchen frißt, hieß c's da; über die schönen gelben Federn! Sie ahmte wohl! auch des Vogels Stimme nach. Bald war eö eine metallene Platte. Da führte sie des Kindes Hand darüber Das ist einmal glatt, sagte sie, oder das hat die Sonm: heiß gemacht. Bald war eö eine Blume. Die mußtd ge- rochen und besprochen werden. Einst gingen beide hart an mir vorüber; die Kinder langten nach mir her. Die unverständige Magd rief sofort: Hui, reiß aus, der schießt dich todt! und damit schoß sie mit rohem Gelächter fort; das Kind schrie halb aus Furcht, k>alb aus Unwillen über die Versagung seines Wunsches. Die andere blieb einige Augenblicke stehen und namnte dem Kinde mit verständlichen Worten die Gegenstände, die ihm vorzüglich an mir ins Auge sielen. Da aber das Kind näher an mich heran wollte, als ich hätte, gestatten dürfen: so sagte sie: Das darfst du nicht! und brachte cs ohne Geschrei von mir, indem sie es auf andere Gegenstände aufmerksam machte. Ich wur- de mit den beiden Mädchen bekannt, und da sie hier in der Nähe sich verheirathet haben; so besuchte ich sie vor einiger Zeit. Als ich zur ersten kam, hatte sie ein beinahe zweijähriges Mädchen auf dem Arme, welches

7. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 123

1842 - Zwickau : Zückler
123 auf das Händchen und ähnliche Späße. Griff das Kind nach einem Glase: so wurde ihm nicht durch ein: Fi, fil weiß gemacht, als ob das Glas etwas Ekelhaftes wäre, sondern es hieß: Nein, nein, das zerbricht! Wenn das Kind dieß auch noch nicht ver- stand; so ließ es sich doch bedeüten, weil es ohnehin nicht gewohnt war, daß man ihm auö Eigensinn oder Trägheit Etwas erst versagte, was man doch gewährte, sobald das Kind schrie und zappelte. Sobald man ein- mal für nothwendig gehalten hatte, ihm Etwas zu ver- sagen; so blieb es dabei, und das Kind sah also wohl bald ein, daß es mit Schreien Nichts ausrichtete. An ein Einschüchtern mit dem Popanze und ähnliche Dumm- heiten war nicht zu denken. Marie mochte des Vaters Worte wohl auch dem Christoph mitgetheilt haben; denn beide beschäftigten sich von da an recht viel mit ihren andern kleinen Ge- schwistern. Bald malten sie ihnen Buchstaben vor; bald ließen sie dieselben zählen. Abends, wenn der Vater nicht Zeit hatte, sich mit den Kindern zu be- schäftigen, erzählten wohl die großen Geschwister den kleinen Manches von dem, was sie in der Schule ge- hört hatten; oder sie stellten Spiele an, wo jedes ein Hausthier und ein wildes Thier nennen mußte; oder sie zählten nach der Reihe Handwerker auf mit ihren Werkzeugen und Erzeüguissen. Auf diese und ähnliche Art füllten sie die Stunden, wo sie nicht in der Schule, oder auf dem Felde, oder im Garten arbeiteten, auf eine angenehme und lehrreiche Weise auö, und wurden schon dadurch vor mancher Unart bewahrt, daß sie niemals Langeweile hatten. 12) Gesund und krank. Als Ehrmann eines Abends mit seinen Kin- dern vom Felde nach Hause ging, sahen sie einen langen Menschen, welcher allerhand Possen trieb und von einem Haufen Buben verfolgt wurde, die ihn hühneten und verspotteten. Er aiisserte seinen Unwillen darüber, dass die bösen Buben einen Kranken so misshandelten, und verjagte sie« So- gleich fingen die Kleinen an ; Ist denn Toffel krank ?

8. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 127

1842 - Zwickau : Zückler
127 fendste Wüstling, der ärgste Trunkenbold, der lii- derlichste Spieler kann diese Laster ablegen; denn ihn treibt nicht ein blinder Naturtrieb, wie die Thiere, sondern er hat den freien Willen, zu wäh- len, was gut oder schlecht ist; auch fehlt es nicht an Beispielen von Menschen, welche diese Ände- rung zum Bessern an sich erzwungen haben. Thut er es also nicht: so fehlt es an einem dauernden guten Willen, und er mag dann wenigstens nicht auf das mitleidige Wohlwollen Anspruch machen, welches man dem wirklichen Kranken schenkt« Sein Unglück kann man nur mit einer starken Bei- mischung von Unwillen beklagen; denn unglück- lich ist er, unglücklicher, als der, dessen Seele von unheilbarem Wahnsinne umnachtet ist. Der unter körperlichen Leiden wimmert, sieht mit hof- fender Seele dem Tod entgegen; der von des Wahn- sinns Nacht umfangen ist, wird in einem neüen Leben das Licht der Seele wieder empfangen; der aber in den Sumpf der Laster sich versenkt hat, der muss ja in jenes Leben den nagenden Wurm, das quälende Bewusstsein mit hinüber nehmen, dass er viehisch gelebt hat auf der Erde, nicht mensch- lich, wie sein Gott es wollte. Wie soll er vor dessen Angesicht treten! 13) Schlaf und Tod. Ehrmann war seit einigen Tagen recht still und traurig. Seine Kinder suchten ihn durch allerlei schmeichelnde Liebkosungen wieder heiter zu ma- chen; und als es ihnen doch gar nicht recht gelin- gen wollte: da konnten sie sich nicht länger ent- halten, ihn zu fragen, ob er mit ihnen unzufrie- den wäre. — Nein, Kinder, ihr seid nicht die Ur- sache meines Schmerzes; sondern ich habe vor ei- nigen Tagen die Nachricht erhalten, dass mein be- ster Freünd, welcher mit mirfreüd und Leid ge- theilt hat, als ich noch Soldat war, gestorben ist. Da fingen die Kinder an, den bösen Tod zu schelten, der so viel Kummer verursache. — Ihr sprecht, wie man es von Kindern erwarten muss,

9. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 271

1842 - Zwickau : Zückler
271 Strecken lagen? Darf man sich wundern, wenn des Bergwerks Segen reicher und immer reicher floss, der Handwerker munter und lustig sich regte, des Kaufmanns Betriebsamkeit wuchs, Gelehrte und Künstler sich ermuthigt fühlten, der Wohlstand des Landes allgemein ward ? Nur ein Stand war nicht in Blütke. Auf den Soldatenstand verwendete August verhältnissmässig geringe Summen. — Ganz desselben Sinnes, wie August, war auch seine Ge- mahlin, welche das Volk nur die gute Mutter Anna nannte, und von welcher man zu sagen pflegte, dass der Arme mit ihr einen Beutel, eine Küche und eine Apotheke habe. Die Bauernfrau glaubte gar nicht, dass sie ein niederes Geschäft triebe, wenn sie molk und butterte; denn die Mut- ter Anna that das auch; der Bauer und Gärtner schämte sich seiner Beschäftigung gar nicht; denn er hatte den Vater August säen, pflanzen und ocu- liren sehen. Im Sinne dieses edlen Fürstenpaares handelte auch Barbara Uttmann, die Frau eines llathsherrn zu Annaberg, welche seit 1562 die jun- gen Mädchen dieser Stadt um sich versammelte, um sie die Kunst des Spitzenklöppelns’ zu lehren, welche sie in den Niederlanden gelernt haben mochte; eine Beschäftigung, welche seitdem Tausenden Ar- beit und Brod gegeben. Barbara, die Spitzenmut- ter, ist noch jetzt im Erzgebirge gesegnet, wie Mutter Anna im ganzen sächsischen Vaterlande. O es war eine schöne Zeit, wo der gemeine Mann den Landesvater und die Landesmutter so oft in seiner Mitte sah, theilnehmend an seinen Arbeiten und Erholungen, an seinen Freüden und Leiden in unmittelbarer Nähe, nicht getrennt von ihm durch fremdartige Umgebungen! Dafür war aber auch nngeheissen allgemeine Trauer im Lande, als Mut- ter Anna 1585 und ein Jahr später Vater August starben; kein Auge blieb trocken — und die Thrä- nen würden damals noch bitterer geflossen sein, wenn man schon damals gewusst hätte, dass von nun an fast 200 Jahre lang kein freiidiger Held, wie Friedrich der Gebissene, kein Pfleger des Lich- tes und der Wahrheit, wie Friedrich der Weise,

10. Drittes Schulbuch für die Oberclassen der Volksschule - S. 289

1842 - Zwickau : Zückler
289 das nächste Dorf durften sie nicht. Die Söhne des Jammers waren ja Leibeignei Nicht nur Feld und Hof, auch ihr Leib, Weib und Kinder waren Eigen- thum des Herrn. Der konnte sie vermiethen, verkau- fen, verschenken, verspielen, einzeln oder im Ganzen, wie ihr eure Heerden; sie selbst hatten über sich Nichts zu bestimmen; wo sie wohnen, was sie treiben, ob und wen sie heirathen sollten, das Alles war des Her- ren Sache. Ja, eüren unglücklichen Vorfahren fehlte die erste Bedingung der Menschenwürde — sie waren nicht frei. — Wie mag es nun mit den leiblichen Be- dürfnissen derselben bestellt gewesen sein? Ihr Bau- ern seid zwar in der Regel mit einfacher Kost zufrie- den und vergnügt; aber an hohen Festtagen kommt doch ein Braten ins Haus, und selbst der Tagelöhner läßt dann seinen Kuchen backen; am Jahrmärkte macht ihr eüch einen guten — oft nur zu guten — Tag; und an Ehrentagen, wie Hochzeiten und Kindtaufen, geht es hoch her; ja selbst der Ärmste unter eüch hat durch Kaffee und Tabak einen Genuß gewonnen, von welchem man vor zweihundert Jahren gar Nichts wußte. Wie hätten in einer Zeit, wo gebratene Eülen und wilde Katzen selbst auf den Tafeln der Neichen erschie- nen, die armen Leibeigenen an solche Ergötzlichkeiten denken können? Hätten sie auch mehr, als das trocke- ne Kleienbrod gehabt, sie würden doch keine Ehrentage gefeiert haben. Oder hätten sie die Hochzeilfeier begehen sollen, welche des Grundherrn Wille befohlen hatte, oder die Kindtaufe, welche dem Herren einen neüen Sklaven lieferte? Selbst das trockene Brod fehlte ih- nen oft genug. Da nämlich auö begreiflichen Grün- den die Acker nur höchst nothdürftig bestellt und die ärmlichen Ernten nicht nur durch große Kriege, son- dern auch in den taufend kleinen Fehden der Ritter fortwährend verwüstet wurden: so gehörten Hungers- nöthe, welche in neüern Zeiten durch bessern Anbau der Felder, hergestellce Ruhe und Verbreitung der da- mals noch ganz unbekannten Kartoffeln immer selte- ner werden, zu den allergewöhnlichften Erscheinungen. — Nun die Kleidung. Das sind wohl arme Leüte un- ter eüch, die nicht ein Feiertagskleid zum Kirchgang hätten, und noch Wenigere wird es geben, welche nicht
   bis 10 von 26 weiter»  »»
26 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 26 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 112
1 12
2 21
3 25
4 8
5 98
6 29
7 258
8 19
9 6
10 200
11 18
12 1
13 46
14 3
15 78
16 113
17 17
18 31
19 183
20 2
21 67
22 42
23 2
24 22
25 22
26 25
27 122
28 17
29 65
30 136
31 5
32 6
33 26
34 9
35 10
36 38
37 371
38 51
39 55
40 16
41 29
42 14
43 3
44 14
45 228
46 33
47 67
48 16
49 72

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 1
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 5
17 10
18 0
19 0
20 0
21 1
22 0
23 4
24 0
25 2
26 2
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 1
35 0
36 0
37 0
38 1
39 24
40 0
41 0
42 5
43 0
44 0
45 7
46 2
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 1
53 0
54 2
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 1
67 0
68 0
69 0
70 0
71 3
72 1
73 0
74 0
75 0
76 2
77 11
78 0
79 0
80 0
81 1
82 1
83 0
84 0
85 1
86 0
87 3
88 0
89 0
90 3
91 1
92 12
93 0
94 14
95 0
96 0
97 0
98 3
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 0
9 1
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 1
31 0
32 0
33 4
34 1
35 0
36 0
37 0
38 0
39 1
40 0
41 0
42 1
43 3
44 0
45 0
46 2
47 0
48 0
49 0
50 5
51 1
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 4
59 5
60 0
61 3
62 0
63 0
64 1
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 0
77 0
78 0
79 0
80 0
81 6
82 1
83 0
84 1
85 0
86 0
87 0
88 0
89 1
90 0
91 0
92 0
93 0
94 3
95 0
96 0
97 0
98 0
99 0
100 9
101 0
102 2
103 0
104 0
105 0
106 1
107 0
108 0
109 0
110 1
111 14
112 0
113 0
114 1
115 0
116 5
117 0
118 0
119 0
120 0
121 1
122 0
123 0
124 0
125 0
126 0
127 1
128 0
129 0
130 0
131 3
132 0
133 0
134 0
135 0
136 2
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 2
143 2
144 0
145 1
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 3
153 0
154 1
155 0
156 0
157 0
158 0
159 0
160 0
161 3
162 0
163 0
164 0
165 0
166 0
167 1
168 0
169 0
170 0
171 0
172 0
173 1
174 0
175 7
176 0
177 4
178 0
179 0
180 0
181 0
182 2
183 5
184 0
185 0
186 0
187 1
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 1
196 5
197 0
198 0
199 1